Zusammen mit meinen Kolleginnen Katharina Schulze, MdL und Gülseren Demirel, MdL habe ich ein Autor*innenpapier, "Gemeinsam gegen den islamistischen Terrorismus" ausgearbeitet:
Drei Tote und vier Schwerverletzte gab es am Freitagabend, 23.8.2024 durch einenMesserangriff in Solingen. Der mutmaßliche Täter, ein syrischer Geflüchteter, ist in Haft, der Generalbundesanwalt ermittelt wegen Terrorverdacht gegen ihn.
Unser Mitgefühl ist bei den Familien und Freunden der Toten und Verletzen.
Die Terrormiliz Islamischer Staat reklamierte das Attentat von Solingen für sich, der Anschlag sei als “Rache für Muslime in Palästina” verübt worden. Es handelt sich bei dem Anschlag nicht um einen Einzelfall. An Silvester konnte ein Anschlag auf den Kölner Dom und den Wiener Stephansdom verhindert werden. Vor wenigen Wochen ist wegen eines geplanten Anschlags in Wien ein Taylor Swift Konzert abgesagt worden. Und wir alle erinnern uns mit Trauer und Schrecken an den Anschlag von Mannheim, bei dem ein junger Polizist sein Leben verloren hat. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 07.10.2023 ist die Anzahl der vereitelten und durchgeführten dschihadistische Anschläge in Europa um das Vierfache angestiegen.Leider ist klar: Der islamistische Terror ist wieder auf dem Vormarsch – auch bei uns in Deutschland.Unsere Antwort auf den islamistischen Terrorismus ist null Toleranz. DennIslamismus ist tödlich. Die Bedrohung darf nicht verharmlost werden, aus Angstreligiöse Gefühle zu verletzen. Die extreme und totalitäre Ideologie hat nichts mit der Glaubenspraxis des Islam zu tun und stellt auch eine Gefahr für die Religionsfreiheit dar. Für jeden islamistischen Terrorangriff ist ein Islamist verantwortlich und muss dafür zur Verantwortung gezogen werden. Diese Terroristen wollen unsere Art zu leben zerstören. Das werden wir nicht zulassen. Deswegen gilt es in solchen schrecklichen Momenten trotz allen Entsetzens immer klar zu bleiben und zu handeln: Weder ein Generalverdacht gegen alle Menschen mit Migrationsgeschichte noch ein Kleinreden solcher Taten sind richtig. Vielmehr gilt es mit kühlem Kopf jetzt die Lage zu analysieren und notwendige Veränderungen in Land und Bund herbeizuführen.Für uns steht fest: Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen. Es braucht jetztden politischen Schulterschluss der Demokrat*innen, eine ergebnisoffene Prüfung an notwendigen Veränderungen und Maßnahmen für Freiheit und Sicherheit allerMenschen in unserem Land. Das erwarten übrigens auch Menschen mitMigrationsgeschichte vom deutschen Staat, die oft vor eben diesem Terror in ihrerHeimat geflohen sind.Wir beantragen deshalb im Ausschuss für Inneres, Kommunale Fragen und Sporteine Expertenanhörung zum Thema „Islamismus in Bayern“, um ein umfassendesLagebild zur aktuellen Gefährdungslage durch islamistische Bedrohungen in Bayernzu erhalten. Dabei soll insbesondere beleuchtet werden, wie sich diesicherheitspolitische Lage in Bayern – insbesondere auch für Großereignisse wieVolksfeste und Konzerte - nach dem 07.10.2023 verändert hat, welche dynamischen Radikalisierungsprozesse durch eine zunehmende Nutzung von Online-Medien bei Jugendlichen in Bayern stattfinden und wie wir diesen Entwicklungen wirksam entgegentreten können. Ein besonderes Augenmerk legen wir auch auf das Radikalisierungspotential unter Geflüchteten und in Gemeinschaftsunterkünften.
Gleichzeitig fordern wir für Bayern:
1.Sicherheitsbehörden besser ausstatten
Die Sicherheitsbehörden müssen der Bedrohungslage entsprechend personell bestens ausgestattet werden. Da Radikalisierung heute oft im Internet stattfindet, müssen hierfür genügend Expert*innen zur Verfügung stehen. Wir brauchen auch genug Personal, das bei Polizei und Verfassungsschutz islamistische Strukturen aufklärt und bereits identifiziert islamistische Gefährder überwacht. In Bayern gibt es (Stand 31.03.2024 ) 31 Gefährder und relevante Personen aus dem Bereich des Islamismus. Um diese Personen im Blick zu haben, braucht es eine passgenaue und engmaschige Überwachung. Wir wissen alle, ein zielgerichtetes Vorgehen erhöht die Sicherheit. Auch die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden innerhalb der Bundesländer muss verbessert werden. Darüber hinaus ist klar, dass internationaler Terror auch mit einer europäischen Polizei- und Sicherheitspolitik begegnet werden muss. Eine stärkere europäische Vernetzung und ein besserer rechtsstaatlich organisierter Informationsaustausch sind dringend von Nöten.
2. Messergewalt zurückdrängen
Messerangriffe führen regelmäßig zu erheblichen Verletzungen und können im schlimmsten Fall tödlich enden. Das Waffenrecht bietet bereits jetzt viele Möglichkeiten, um Messer auf öffentlichen Straßen und Plätzen zu verbieten. Es ist gut, dass die Bundesregierung verbleibende Schutzlücken schließen wird: Ein Messerverbot muss flächendeckend angewendet werden, mindestens jedoch in den Abend- und Nachtstunden. Uns ist klar, dass damit nicht jeder Terrorakt vermieden werden kann. Aber es sendet ein deutliches Signal, dass Messer im öffentlichen Raum nichts zu suchen haben und sensibilisiert die Gesellschaft. Die zunehmenden Gewalttaten und die vermehrte Nutzung von Messern als Tatwerkzeug wollen wir in einem eigenen bayerischen Lagebild genau analysieren und Hintergründe wie Täter klar benennen. Bisher fehlt eine solche Aufschlüsselung in Bayern. Außerdem muss ein Präventionsprogramm zur Verhinderung von Messergewalt für Schule, Jugend-, Jungen- und Integrationsarbeit konzipiert und umgesetzt werden.
3. Online-Radikalisierung in den Blick nehmen
Radikalisierung findet inzwischen vor allem online statt – im stillen Kämmerlein. Das macht es für die Sicherheitsbehörden deutlich schwieriger diese „lone wolves“ aufzuspüren. Umso wichtiger, dass die Sicherheitsbehörden hier mehr top qualifiziertes Personal sowie die passenden Ressourcen zur Verfügung haben, um das geltende Recht besserdurchzusetzen. Extremisten kommunizieren digital, in geschützten Gruppen und über große Messenger Kanäle. Besonders im Fokus von Terrorpropaganda und Gewaltverherrlichung stehen Plattformen wie Discord, Telegram und TikTok. Gegen Tiktok wird das neue EU-Recht zu großen Onlineplattformen bereits erfolgreich eingesetzt. Für Telegram fordern wir ebenfalls die Einstufung als große Plattform und wirksame Strafen. Die neuen Medien müssen zur Verantwortung gezogen werden und dürfen sich der staatlichen Kontrolle nicht länger entziehen.
4. Einflussnahme aus dem Ausland entschlossen bekämpfen und islamistische Strukturen in Bayern zerschlagen
Islamistische Terrorakte haben das Ziel unsere Demokratie zu destabilisieren. Es gilt deshalb verstärkt die Einflussnahme ausländischer Staaten und Gruppierungen in den Blick zu nehmen: Wie verbreiten sie ihre Desinformationskampagnen, wo fließt welches Geld und welche Gruppenunterstützen sie in Deutschland? Dazu muss u.a. eine Task Force zur Bekämpfung von Desinformation und Informationsmanipulation von der Staatsregierung gegründet werden. Außerdem müssen die islamistischen Strukturen bei uns in Bayern lückenlos aufgeklärt und zerschlagen werden. Hassprediger und Moscheen, die sich gegen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung stellen haben bei uns keinen Platz. Deshalb soll ein landesweites Verbot der Organisationen Muslim Interaktiv, Realität Islam und Generation Islam sowie die Sperrung ihrer Onlineauftritte geprüft werden. Auch Gruppierungen, die sich mit dem bewaffneten Kampf der Terrororganisation HAMAS gegen Israel solidarisieren und damit Antisemitismus und ideologische Terrorunterstützung verbreiten – wie Palästina Spricht München – sollen nach dem Vorbild NRWs verbotenwerden. Darüber hinaus wollen wir Auftritte von Hasspredigern aus dem Ausland verhindern, indem wir diese umfassend mit Einreiseverboten in den gesamten Schengenraum belegen. Für ausländische Gefährder, die bereits hier sind, fordern wir eine konsequente Anwendung der bereits verschärften Regeln zu Ausreisegewahrsam und Abschiebungshaft. Bei erheblicher Gefahrenprognose sind sie bis zur erfolgreichen Ausreise oder Abschiebung in Gewahrsam zu nehmen.
5. Update für Prävention und Deradikalisierung
Prävention beginnt mit einem gefestigten Wissen über den eigenen Glauben. Dann ist es viel unwahrscheinlicher, dass sich bspw. Jugendliche radikalisieren, wenn sie sich in sozialen Medien über den Islam informieren und dabei auf Hassprediger und Islamisten stoßen. Wir brauchen in Bayern deshalb dringend einen islamischen Religionsunterricht als konfessionell gebundener Religionsunterricht. Religionsunterricht sorgt dafür, die eigene Identität und Persönlichkeit zu fördern. Dem Besuch von Hinterhofmoscheen wird dadurch entgegengewirkt. Dafür wollen wir nach Vorbild des Landes Baden-Württemberg die Stiftung „Islamischer Schulrat in Bayern“ schaffen. Die muslimischen Verbände sind bei diesem Religionsunterricht mit einzubeziehen, Voraussetzung ist das Bekenntnis zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Wir setzen uns für den Aufbau von kommunalen Netzwerken für die Gewaltprävention und Deradikalisierung ein – mit Strategien und Methoden, die zu dem jeweiligen Milieu vor Ort passen. Die bayerische Islamismusprävention leistet mit ihren Beratungsstellen bereits sehr gute Arbeit und muss noch weiter personell und finanziell gestärkt werden, um die vielen Aufgaben flächendeckend bewältigen zu können. In Bayern fehlt ein Konzept für die Flüchtlingsunterkünfte. Manche Geflüchtete wohnen dort jahrelang und der Betreuungsschlüssel ist zu niedrig. Dort mehr Personal einzustellen und psychologische Betreuung anzubieten, um mögliche Veränderungen und Radikalisierungstendenzen von Anfang an mitzubekommen ist entscheidend. Denn die Dekonstruktion islamistischer Opfernarrative und Verschwörungserzählung ist eine wichtige Säule der Deradikalisierung – gerade auch nach dem 07.10.2023.
6. Kein Asyl für Islamisten - Vollzugsdefizite erkennen und überwinden!
Nach aktuellem Kenntnisstand war der Tatverdächtige von Solingen ein Asylbewerber, dessen Asylantrag in Deutschland abgelehnt worden ist, und dessen Rücküberstellung nach Bulgarien gescheitert ist. Der Vorgang muss lückenlose aufgeklärt werden. Gleichzeitig brauchen wir eine Expert*innengruppe zwischen Bund, Ländern und Kommunen, die Defizite im Rückführungsprozess präzise benennt und diese dann abstellt. Ein Fall, wie der von Solingen, darf sich nicht wiederholen. Die Bundesregierung hat mit dem zu Jahresbeginn beschlossenen Rückführungsverbesserungsgesetz bereits eine stabile Grundlage zur besseren Abschiebung von Gefährdern und kriminellen Vereinigungen geschaffen. Für die Durchführung von Abschiebung tragen jedoch die Länder die Verantwortung und brauchen dafür ausreichend Personal. Wir wollen deshalb von der Staatsregierung wissen, wie sie die neuen Möglichkeiten passgenau umsetzt.
Katharina Schulze, FraktionsvorsitzendeFlorian Siekmann, innenpolitischer SprecherGülseren Demirel, Sprecherin für Integration