Zur Finanzierung von dringend benötigtem neuen Wohnraum für Studierende könnte ein 78 Millionen Euro großer Fördertopf angezapft werden. Doch 2023 floss daraus kein Cent nach München. Warum?
„Eigentlich bräuchte es eine Taskforce Studentenstadt 2.0, um wirklich substanziell etwas zu ändern“, sagt Florian Siekmann, der für die Grünen im Landtag sitzt und sich dort immer wieder für studentisches Leben in München starkmacht. Er sieht den Freistaat in der Pflicht, die Schaffung neuen Wohnraums zu unterstützen. Er verweist auf das Bundesförderprogramm „Junges Wohnen“. Dieses Programm gibt es seit 2023, es soll bezahlbaren Wohnraum für Studierende und Auszubildende fördern. Rund 78 Millionen Euro aus dem Fördertopf gehen an den Freistaat. Doch im vergangenen Jahr wurden davon gerade mal 30 Millionen Euro abgerufen. Kein einziger Cent floss in den studentischen Wohnungsbau in München.
Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU) antwortet auf eine Anfrage Siekmanns im Landtag, dass man die übrigen Millionen für den sozialen Wohnungsbau umgewidmet habe, da es dort erhöhten Bedarf gebe. Alle Förderanträge des Bundesprogramms „Junges Wohnen“ seien zuvor vollständig bewilligt worden. In den vergangenen zwei Jahren habe es schlicht keine Anträge auf Neubauten von Studierendenwohnheimen im Münchner Stadtgebiet gegeben, so Bernreiter. „Mangels Nachfrage“ habe der Freistaat diesbezüglich auch keine Flächen zur Verfügung gestellt.
Das Problem bei der Schaffung von neuem Wohnraum, so sieht es der Grüne Florian Siekmann, sei nicht der Wille der Träger, sondern Regelungen, die es ihnen nahezu unmöglich machten, Flächen zu kaufen. Denn lediglich 20 bis 40 Prozent des Grundstückserwerbs können durch Fördermittel finanziert werden, den Rest muss der Träger aus Eigenkapital stellen. Da die Staatsregierung ihre Flächen aber zu den üblichen Marktpreisen veräußere, so Siekmann, könnten sich gemeinnützige Träger wie das Stuwerk, die nicht gewinnorientiert arbeiten, diese nicht leisten.
„Es braucht dringend neue Gesetze, die es ermöglichen, Grundstücke günstig für gemeinnützige Träger anzubieten und so an deren Eigenkapitalsituation anzupassen. Zudem müssen die Fördersätze weiter angehoben werden“, sagt Siekmann.
Im Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StmWK), das als Träger des Studierendenwerks fungiert, ist man sich des Problems offenbar bewusst. „Wir wollen beim Thema studentisches Wohnen unbedingt vorankommen“, erklärt Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU). Ziel sei es, in fünf Jahren in ganz Bayern 5000 Wohnheimplätze entweder zu renovieren oder neu zu schaffen. Insgesamt wolle der Freistaat in den Jahren 2024 und 2025 rund 330 Millionen Euro in studentisches Wohnen investieren. „Wir lassen unsere Studierenden nicht allein“, so Blume. Unter anderem gebe es auch ein neues 50-Millionen-Sonderprogramm, das ausschließlich zur Stärkung der Eigenkapitalbasis der Studierendenwerke dienen soll. 22 Millionen Euro davon sollen nach München gehen.
Ob so das Problem der Flächenbeschaffung gelöst werden kann, lässt Blume offen, verweist aber darauf, dass Wohnungsbau ohnehin eine kommunale Aufgabe sei und keine staatliche. Das Problem liege demnach bei der Stadt München, die sich nicht in der Verantwortung sehe. „Es wird in dem angespannten Münchner Wohnungsmarkt nie ausreichend Wohnungen für Studierende geben, wenn nicht alle beteiligten Akteure an einem Strang ziehen.“ Die Stadt betreibe zwar Wohnungsbau, „aber ausdrücklich nicht für Studierende. Das muss sich ändern“.
Die Stadt widerspricht dieser Darstellung. Man habe in den vergangenen Jahren viel Geld in die Finanzierung von Wohnprojekten für Studierende investiert, erklärt Ingo Trömer aus dem Planungsreferat. Dort sei man zudem bestrebt, bei Ausschreibungen städtischer Grundstücke „entsprechende Flächen für Studierendenwohnheime vorzusehen, sofern der Bedarf dafür gemeldet wird“. Letztlich liege „die Pflicht zur angemessenen Versorgung der Studentinnen und Studenten mit Wohnraum nach der gesetzlichen Aufgabenzuweisung“ aber beim Freistaat.
Für Florian Siekmann ist dieses Hin- und Herschieben von Verantwortungen nicht nachvollziehbar. „Der Freistaat tut viel, um München gerade für internationale Studierende immer attraktiver zu machen. Gleichzeitig sind die Mieten dort so hoch wie nirgends sonst. Die Staatsregierung sollte endlich Verantwortung übernehmen, anstatt sich nur als Fördermitteldurchreiche zu verstehen.“
Den ganzen Artikel der Süddeutschen finden Sie hier.